Kanzlei Strafrecht Rechtsanwalt & Fachanwalt Strafverteidiger Krefeld

PFLICHTVERTEIDIGUNG IM STRAFRECHT.

Die Fragen “Bekomme ich einen Pflichtverteidiger?” oder “Kann man den einmal bestellten Pflichtverteidiger wechseln?” sind öfter mit “Ja” zu beantworten sind, als es zunächst scheint. Insofern ist immer genau zu prüfen ist, ob im konkreten Fall (nicht doch) eine Beiordnung als Pflichtverteidiger in Betracht kommt.

Die Strafprozessordnung bezeichnet die Pflichtverteidigung als sog. notwendige Verteidigung und nennt in den §§ 140 ff. StPO Fälle, in denen ein Verteidiger im Verfahren mitwirken muss. Die wichtigsten Fälle einer notwendigen Verteidigung bzw. Pflichtverteidigung sind solche, bei denen dem Beschuldigen Beschuldigten ein Verbrechen zur Last gelegt wird, sich dieser Untersuchungshaft oder einstweiliger Unterbringung befindet oder gegen ihn in erster Instanz vor dem Landes- oder Oberlandesgericht verhandelt werden soll.

Zudem ist auch dann ein Pflichtverteidiger zu bestellen, wenn aufgrund der Schwere der Tat oder wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Strafverteidigers geboten erscheint. Auch dann, wenn der Beschuldigte sich nicht selbst verteidigen kann, ist ihm ein notwendiger Verteidiger beizuordnen.

Jedenfalls eine Straferwartung von einem Jahr Freiheitsstrafe ist in aller Regel Anlass zur Beiordnung eines Verteidigers, da eine solche Strafhöhe das Merkmal der “Schwere der Tat” im Sinne des § 140 StPO begründet. Wenn dem Angeklagten in mehreren Parallelverfahren Strafen, die gesamtstrafenfähig sind und deren Summe voraussichtlich eine Höhe erreicht, welche das Merkmal der “Schwere der Tat”, also ein Jahr Freiheitsstrafe oder mehr, begründet, ist die Verteidigung regelmäßig in jedem Verfahren notwendig. Es ist also in einem solchen Fall für jedes Verfahren ein Pflichtverteidiger beizuordnen.

Insoweit hat die Rechtsprechung weitere Möglichkeiten geschaffen, dass dem Beschuldigten, der auf den ersten Blick keinen Anspruch auf einen Pflichtverteidiger zu haben scheint, trotzdem ein solcher beizuordnen ist. So können etwa die Straferwartung von einem Jahr Freiheitsstrafe, ein drohender Bewährungswiderruf oder der Widerruf einer Zurückstellung nach § 35 BtMG in anderer Sache einen Anlass zur Beiordnung eines Verteidigers darstellen.

Ein Wechsel des Pflichtverteidigers ist möglich, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen dem Beschuldigten und seinem bisherigen notwendigen Verteidiger zerstört ist mit der Folge, dass eine ordnungsgemäße Verteidigung nicht mehr gewährleistet ist. Ein Verteidigerwechsel kann auch dann erfolgen, wenn der Angeklagte und beide Verteidiger einverstanden sind, durch den Wechsel des Pflichtverteidigers keine Verzögerung des Verfahrens droht und keine zusätzlichen Kosten für die Staatskasse entstehen.

Insbesondere im Jugendstrafrecht spielt die Pflichtverteidigung eine wichtige Rolle. Da das Gesetz aber auch im Jugendstrafverfahren von der “notwendigen Verteidigung” ausgeht, ist in vielen Fällen ein Pflichtverteidiger beizuordnen. So etwa dann, wenn dem Jugendlichen oder dem Heranwachsenden ein Verbrechen zur Last gelegt wird oder die Verhängung einer Jugendstrafe bzw. die Aussetzung der Verhängung einer Jugendstrafe zur Bewährung in Betracht kommt. Auch besteht dann ein Recht auf einen Pflichtverteidiger, wenn der Jugendliche oder Heranwachsende selbst nicht in der Lage ist, sich zu verteidigen.

Vor den Amtsgerichten finden häufig Verfahren gegen unverteidigte Angeklagte statt. Ob dies wirklich sinnvoll ist, mag dahinstehen, da die meisten Menschen nicht in der Lage sind, sich angesichts der erhobenen Tatvorwürfe gegen die Staatsgewalt alleine zu verteidigen. Denn sie befinden sich auf einen gänzlich unbekannten Gebiet und kennen meistens weder die Abläufe, Möglichkeiten und Risiken eines Strafverfahrens.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Wolfram Hemkens übernimmt auch Mandate als Pflichtverteidiger. Hervorzuheben ist hier, dass ein solches Mandat engagiert und genauso wie eine Wahlverteidigung geführt wird. Denn die Pflichtverteidigung unterscheidet sich dem Grundsatz nach nicht von der Wahlverteidigung. So sieht es auch der Bundesgerichtshof, wenn er ausführt, dass die Pflichtverteidigung “keine Verteidigung minderer Güte” ist.

Deswegen – und unabhängig davon, ob es sich um einen Fall der Wahlverteidigung oder der notwendigen Verteidigung handelt – gilt: Je eher ein Strafverteidiger beauftragt wird, desto besser sind die Möglichkeiten der Verteidigung. Spätestens dann, wenn ein Beschuldigter einen Brief vom Gericht erhält, in welchem das Gericht mitteilt, dass ein Fall der notwendigen Verteidigung vorliegt und er innerhalb einer bestimmten Frist einen Verteidiger benennen sollen, ist es ratsam, sich selbst um einen Verteidiger – der sich dann auch als Pflichtverteidiger beiordnen lassen kann – zu kümmern.

Die europäische Menschenrechtskonvention statuiert in Art. 6 Abs. 3 MRK – Recht auf ein faires Verfahren, dass jede angeklagte Person, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen und dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist, das Recht hat, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten.